Beitrag von fastview AG
Die Rolle des Treuhänders[1] wird oft unterschätzt – wer glaubt, sich allein auf vermeintliche Schutzmechanismen verlassen zu können, irrt gewaltig. In diesem Artikel wird aufgezeigt, wie ein Treuhänder als faktisches Organ plötzlich in einem Netz von Haftungsrisiken gefangen sein kann. Diese Analyse soll jeden, der in dieser Branche tätig ist, aufrütteln und zur Vorsicht mahnen.
Treuhänder – mehr als Buchführer
Treuhänder übernehmen in Unternehmungen und Organisationen häufig weitreichende Verantwortlichkeiten, die über die klassische Buchführung hinausgehen. Oft gehen die Beratungsleistungen des Treuhänders sehr weit und beeinflussen die Entscheide der Unternehmensleitung und damit Organen der Gesellschaft. Insbesondere wenn sie als «faktisches Organ»[2] agieren, tragen sie ein erhebliches Risiko persönlicher Haftung. Die Rechtsprechung sieht in solchen Fällen vor, dass eine tatsächliche, faktische Einflussnahme weitreichende Konsequenzen haben kann – und das oftmals ohne klare Abgrenzung zwischen Organfunktion und reiner Treuhänderschaft.
Faktische Organschaft und persönliche Haftung
Wird ein Treuhänder an dieser Schnittstelle zwischen Unternehmensleitung und gefällter Entscheidungen tätig, wird er nicht nur als Dienstleister, sondern als integraler Bestandteil der Geschäftsführung gesehen. Dies zieht weitreichende Haftungsfolgen nach sich:
- Persönliche Haftungsrisiken: Sollte es zu Pflichtverletzungen kommen, kann der Treuhänder persönlich in Anspruch genommen werden – unabhängig von vertraglichen Regelungen. Die Grenze zwischen innerbetrieblicher Verantwortlichkeit und persönlicher Haftung verschwimmt dabei rapide.
- Unklare Verantwortungsbereiche: Die mangelnde formale Abgrenzung führt dazu, dass Fehlentscheidungen nicht auf das Unternehmen, sondern auf den Treuhänder zurückfallen. Dies kann im Ernstfall zu existenzbedrohenden Schadensersatzforderungen führen.
- Rechtliche Grauzonen: Die Schweizer Rechtsprechung tendiert dazu, in Fällen von faktischer Organschaft zugunsten eines strengen Haftungsansatzes zu entscheiden. Dies bedeutet, dass selbst vermeintlich gut abgesicherte Verträge und interne Regelungen kaum vor einer persönlichen Haftung schützen.
Fallstricke und Risiken im Detail
Die unterschätzte Gefahr besteht vor allem darin, dass viele Treuhänder die tatsächliche Bedeutung ihrer Funktion nicht vollumfänglich erkennen. Wichtige Risiken sind:
- Finanzielle Exposition: Bereits geringfügige Fehlentscheidungen oder Versäumnisse in der Sorgfaltspflicht können zu erheblichen finanziellen Forderungen führen.
- Imageverlust: Ein Haftungsfall wirkt sich nicht nur auf die wirtschaftliche Situation aus, sondern kann auch den Ruf nachhaltig schädigen – was wiederum zu weiteren, oft unvorhersehbaren, Haftungsrisiken führt.
- Unzureichende Versicherungslösungen: Viele Treuhänder verlassen sich auf Standardversicherungen, die in Fällen der faktischen Organschaft häufig nicht greifen. Die Diskrepanz zwischen den versicherten Risiken und den tatsächlichen Haftungsrisiken kann im Ernstfall fatal sein.
Alarmstufe Rot: Warum Treuhänder jetzt handeln müssen
Die Konsequenzen eines Haftungsfalls sind gravierend. Ein einziger Fehltritt kann den finanziellen Ruin bedeuten und den Ruf, der über Jahre hinweg aufgebaut wurde, in Scherben legen. Daher ist es unabdingbar, sich intensiv mit den eigenen Haftungsrisiken auseinanderzusetzen und präventiv Massnahmen zu ergreifen:
- Umfassende Risikoanalysen: Regelmäßige Überprüfungen der eigenen Tätigkeit und eine klare Abgrenzung der Verantwortungsbereiche sind essenziell. Der Risikoerkennung ist durch Institutionalisierung entsprechender Prozess Rechnung zu tragen (vgl. hierzu «Risikominimierung im Bereich Kapitalsituation»).
- Spezialisierte Rechtsberatung: Es ist ratsam, sich frühzeitig von Experten im entsprechenden Rechtsgebeit beraten zu lassen – insbesondere, wenn die Grenzen zwischen Treuhänderschaft und faktischer Organschaft verschwimmen.
- Optimierung der Versicherungsdeckungen: Eine Anpassung der Versicherungssummen und -bedingungen an die tatsächlichen Risiken sollte oberste Priorität haben.
Risikominimierung im Bereich Kapitalsituation
Die Pflichten von Verwaltungsrat (bzw. Geschäftsführung) wurden mit der Aktienrechtsrevision per 01.01.2024 v.a. im Bereich Kapitalsituation (drohende Zahlungsunfähigkeit, Kapitalverlust und Überschuldung) wesentlich erweitert (Art. 725 ff. OR).
Die Komplexität in der Beurteilung und Erkennung entsprechender Situationen erfordert ein sehr hohes Fachwissen und fordert nicht nur Unternehmensleitung, sondern auch Treuhänder und Wirtschaftsprüfer.
Die Risikoerkennung und -Minimierung kann durch entsprechende digitale Tools unterstützt werden. So bietet der Softwareanbieter fastview ag ein digitales Instrumentarium an, welches die Risiken mit minimalem Aufwand erkennen lässt. Gleichsam erstellt die Software individualisierte «Einverständniserklärungen», welche den Unternehmern ausgehändigt und von diesen als Bestätigung der Kenntnisnahme unterzeichnet werden.
Fazit
Die Haftungsrisiken für Treuhänder, die als faktisches Organ agieren, sind keine abstrakte Theorie, sondern eine tückische Realität, die jeden in diesem Berufsfeld treffen kann. Ein zu leichtfertiger Umgang mit den eigenen Verantwortlichkeiten und eine unzureichende Absicherung können verheerende Konsequenzen haben. Es ist höchste Zeit, sich der erschreckenden Wahrheit zu stellen: Im Schweizer Recht ist der Treuhänder oft mehr Opfer als Akteur – wenn er nicht umgehend gegensteuert.

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[1] Zugunsten der Lesbarkeit wird auf das Nennen sämtlicher Geschlechtsidentitäten verzichtet. Die verwendete Form steht in Vertretung sämtlicher Ausprägungen.
[2] Vgl. hierzu BGE 128 III 29 E. 3a S. 30 mit Hinweisen: «Faktische Organe sind Personen, die tatsächlich Organen vorbehaltene Entscheide treffen oder die eigentliche Geschäftsführung besorgen und so die Willensbildung der Gesellschaft massgebend mitbestimmen»
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